In der Natur weisen Proteine unterschiedliche Strukturen und Größen auf. Einige bevorzugen Monomere, während andere Oligomere bilden, die von Dimeren bis zu größeren Clustern reichen. Bemerkenswerterweise ist die Funktion eines Proteins untrennbar mit seinem strukturellen Zustand verbunden. Die Natur macht sich dieses Phänomen zunutze, um die Funktion eines Proteins genau zu regulieren, d. h. es zu aktivieren bzw. zu deaktivieren oder seine Funktion zu verändern. Obwohl die Auswirkungen der Oligomerisierung auf die Proteinfunktion bekannt sind, sind die komplizierten Mechanismen, die Multivalenz, Konformation und Flexibilität beinhalten, nach wie vor schwer zu verstehen. Diese Wissenslücke ist bei multifunktionalen Proteinen wie einigen Chaperonen, Transkriptionsfaktoren oder Nucleophosmin (NPM1) besonders ausgeprägt. NPM1 nimmt überwiegend einen pentameren Zustand an und ist zwischen Nukleolus und Zytoplasma verteilt. NPM1 spielt eine wesentliche Rolle beim mRNA-Transport, beim Chromatinumbau, bei der Apoptose und bei der Genomstabilität und wechselt je nach seiner spezifischen Funktion zwischen Monomer, Pentamer, Dekamer und verschiedenen supramolekularen Zuständen. Um diese Herausforderung zu meistern, schlagen wir einen makromolekularen Chemieansatz vor, der mit der Aufgabe des SFB 1551 übereinstimmt, um eine präzise und schaltbare Protein-Multivalenz, Oligomerisierung und Kontrolle der damit verbundenen Phasenübergänge zu erreichen. Dieser Ansatz kombiniert kovalente und nicht-kovalente Designs, wobei Dendrimere und Wirt-Gast-Wechselwirkungen genutzt werden. Unsere Forschung wird mit einem Dendrimer-basierten Modellsystem beginnen, um die Auswirkungen der Oligomerisierung auf die Multivalenz, Konformation und Flexibilität von Proteinen systematisch zu untersuchen. Anschließend werden wir Veränderungen in der Phasentrennungsdynamik bei verschiedenen Oligomerzuständen untersuchen, die Einblicke in zelluläre Prozesse und die Proteinregulation bieten. Um die Proteinfunktion in unserem Modellsystem zu kontrollieren, schlagen wir einen Photocaging-Ansatz vor, der eine durch Licht ausgelöste, präzise und zeitlich programmierbare Freisetzung von Proteinen aus Oligomeren ermöglicht. Letztlich ist es unser Ziel, einen supramolekularen Wirt-Gast-Ansatz mit einer auf mehrere Stimuli reagierenden, schaltbaren Protein-Oligomerisierung zu verwenden, der in zellulären Systemen Anwendung finden könnte. Diese Studie verspricht einen Beitrag zu einem tieferen Verständnis von Protein-Protein-Wechselwirkungen und der Feinabstimmung von Zellfunktionen.
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Johannes Gutenberg-Universität Mainz